Bei Zusagen von Interviewanfragen im Negative-Lager ist die Freude immer
berechtigt, weil sie einem meist dann erteilt werden, wenn man schon gar nicht
mehr damit gerechnet hat. Das endgültige Okay für das Interview mit
Antti bekamen wir beispielsweise kurz bevor wir den Flieger nach Helsinki bestiegen.
Diese Art von SMS bekommt man auf jeden Fall gerne!
Es ist schon seit längerer Zeit bekannt, dass der Bassist und Tattoofreak
von Negative nicht nur unter seinen Fans als „Mr. Redefreudig“ und
als sehr offene Persönlichkeit gilt. Also würde sich das Interview
alles andere als langweilig, sondern sehr informativ und interessant gestalten.
Denn nichts kann sich während eines Interviews als größerer
Stolperstein entpuppen, als dass man seinem Gegenüber nicht viel oder nur
dürftige Happen entlocken kann. Aber trotz leichter Ermüdungserscheinungen
nach seinem Auftritt beim Myötätuulirock, war Antti bester Laune,
und so kamen wir auch ohne weitere Umschweife nach einem kleinen Smalltalk zum
Thema. Was hat sich so alles bei Negative getan, seit wir das letzte Mal die
Ehre hatten, eines der Bandmitglieder zu einem Interview bitten zu dürfen?
Aber lest selbst. Viel Spaß!
Finnrock Corner: Wie oft seid ihr eigentlich schon beim Myötätuulirock hier in Vantaa aufgetreten?
Antti: Auf diesem Festival? Mal überlegen. Ich glaube, es ist entweder das zweite oder dritte Mal, dass wir hier spielen.
Finnrock Corner: Magst du so familiär ausgelegte Festivals wie das Myötätuulirock? Oder bevorzugst du eher größeres Publikum?
Antti denkt nach, bevor er zu einer Antwort ansetzt: Für mich spielt das überhaupt keine Rolle, vor welchem Publikum wir spielen. Groß oder klein, vollkommen egal. Aber sicherlich bereitet es uns genauso großen Spaß auf der Hauptbühne zu stehen und vor weiß Gott wie vielen Leuten zu spielen, wie wir es beispielsweise gestern beim Provinssirock taten. Die Leute kommen einfach zusammen, um sich einen tollen Tag zu machen, und ich bin ebenfalls dabei und darf daran teilhaben. Und ich würde sagen, wir haben heute unser Bestes getan und eine ganz passable Show abgeliefert, obwohl wir gestern weniger technische Probleme hatten, als heute beispielsweise. Etwas, das sich natürlich immer auch auf unseren Auftritt auswirkt, wenn die Technik vorübergehend einmal einen Aussetzer hat.
(An der Stelle werden wir kurzzeitig unterbrochen, weil Antti von jemandem
der Negative-Crew gebraucht wird, aber danach ging es sofort weiter)
Antti bekräftigt noch einmal: Yeah, wir haben
alles gegeben und ich bin mir fast sicher, dass wir schon zum dritten Mal hier
gespielt haben. Es hat Spaß gemacht. Und was soll ich sagen? Ich habe
es richtig toll gefunden, wieder hier zu sein und zu spielen.
Finnrock Corner: (Wir stimmen in dem Fall mit Antti überein, dass es wieder einmal ein toller Auftritt von Negative war.)
Antti: Dankeschön!
Finnrock Corner: Nenne uns etwas, was du an deinem Job total toll findest und was dir total gegen den Strich geht?
(Antti hat sich kurzerhand dazu entschlossen, uns erst einmal einen eher
störenden Aspekt als Musiker etwas näher zu erläutern)
Antti: Mich stimmt es jedes Mal nur etwas traurig, und manchmal
nervt es mich auch, wenn uns jemand unserer Crewmitglieder zwischenzeitlich
während unseres Auftritts mitteilt, wir haben so und so viele Nummern,
die noch auf unserer Setlist stehen und dann kommt plötzlich noch jemand
anderes daher, beispielsweise von der Festivalleitung oder so, und wirft unsere
Planung total durcheinander. Im Endeffekt dürfen wir dann nur noch einen
einzigen Song auf der Bühne performen und müssen dann runter von der
Bühne. Dann ist man leider gezwungen, sich sehr schnell zu entscheiden,
welcher dieser „eine“ Song sein soll. Das ist eine ziemlich undankbare
Aufgabe einerseits und andererseits ist es jedes Mal aufs Neue ein Kampf zu
wissen, das war’s, in wenigen Minuten ist alles vorbei. Es ist einfach
so, wenn man genau weiß, dass ein Gig gleich zu Ende ist, würde man
gerne noch länger spielen. Aber das liegt dann nicht in unserer Entscheidungsgewalt,
also kann man da auch nicht viel dagegen tun.
Finnrock Corner: Von uns aus könntet ihr auch ruhig öfter einen Zwischenstopp in Österreich einlegen, um dort aufzutreten.
Antti: Österreich?!
Finnrock Corner: (An dieser Stelle kamen wir kurz mit Antti auf die zurückliegende Tour im April 2008 zu sprechen, wo Negative in verschiedenen deutschen Städten aufgetreten sind und Österreich überraschenderweise das erste Mal außen vor geblieben ist. Antti erklärte uns daraufhin aus seiner Perspektive als Musiker, warum bei solchen Planungen die Negative-Bandmitglieder leider keinerlei Einfluss darauf ausüben, wann und wo sie spielen.)
Antti: Sicherlich würden wir auch gerne wieder in Österreich spielen. Und wir treten generell überall dort auf, wo man uns hören will. Wir wurden das schon so viele Male gefragt. – Warum wart ihr schon so lange nicht mehr bei uns in...? Warum kommt ihr nicht endlich nach Amerika? – Ich muss dann diesen Leuten immer wieder erklären und ihnen klarmachen, dass dies weder meine Entscheidung noch die der anderen Jungs in der Band ist. Wir würden wie gesagt überall gerne auftreten, aber wir haben Leute, die sich speziell um diese Angelegenheiten kümmern, bzw. alles für uns überprüfen und organisieren, bevor wir irgendwohin reisen. Ich würde beispielsweise dieses Jahr noch gerne in Amerika, Österreich, Spanien, Italien, etc. spielen. Aber diese Entscheidung treffe ich, wie eben schon ausführlich erklärt, nicht. Hoffen wir mal das Beste, dass wir vielleicht auch mal wieder dort demnächst spielen. Mal sehen...
Finnrock Corner: (Wir schweifen wieder einmal kurzzeitig von unserer Vorgabe ab und erinnern Antti daran, wo er sich genau vor einem Jahr aufgehalten hatte und mit Negative aufgetreten ist: beim Nova Rock-Festival im Burgenland/Österreich nämlich.)
Antti beginnt zu lächeln und erinnert sich: Ja, das taten wir.
Finnrock Corner: Was gefällt dir denn nun an deiner Arbeit am besten und würdest du sie für irgendeinen anderen Job eintauschen, wenn du könntest?
Antti: Diesen Job? Nein, das ist doch das, was ich immer machen wollte. Und was ich daran am allermeisten mag? (Antti muss kurz überlegen) Eigentlich alles mit ganz wenigen Ausnahmen. Aber wenn ich etwas ganz besonders hervorheben muss, dann ist es natürlich das Touren mit der Band, wo man viel herumkommt, Neues sieht und kennen lernt, und die Chance hat, vor so vielen Leuten wie möglich zu spielen. Also für mich ist die Herumreiserei und das gemeinsame Auftreten mit der Band definitiv das Beste an meiner Arbeit. Ich denke, dass ich irgendwie für das „Leben auf der Straße“ geboren bin.
Finnrock Corner: Und wie ist es beispielsweise mit der Arbeit, wenn du zusammen mit der Band im Studio bist?
Antti: Das ist wieder ein total anderer Bereich meiner Arbeit als Musiker. Ebenfalls eine Tätigkeit, die ich zu den guten Dingen in meinem Job zähle. Aber auch eine, die sich gründlich von den sonstigen anderen unterscheidet.
Finnrock Corner: Wer hatte die Idee, Jonne für das Cover der „Karma Killer“ CD das silberfarbene All Over-Make-up zu verpassen?
Antti: Daran kann ich mich eigentlich gar nicht mehr so genau erinnern, von wem die Idee ursprünglich stammt. Zuerst wollte unsere Plattenfirma einfach nur ein ganz normales 08/15-Bandfoto für das Plattencover verwenden, aber der Band hat die Idee überhaupt nicht gefallen. Es war einfach zu einfallslos und langweilig, wie wir fanden. Wenn das Cover dann in unzähligen Zeitschriften und anderen Medien über einen längeren Zeitraum zu sehen ist, sollte es unserer Ansicht nach schon etwas sein, was die Leute anspricht und länger im Gedächtnis verbleibt, selbst wenn die Zeitschrift, in der das Cover einmal abgedruckt war, längst auf dem Müll gelandet ist. Für uns galt es, eine ähnlich kreative Idee wie damals die mit dem Clown-Cover der „Anorectic“-CD zu bekommen. Dass der Vorschlag mit dem simplen Bandfoto von der Plattenfirma doch noch auf dem Cover landen würde, wollten wir auf keinen Fall! Wir dachten außerdem, dass es andererseits cool wäre, wenn wir diesmal wieder etwas ganz Neues ausprobieren würden. Also ließen wir uns die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen. Es war, glaube ich, Jonne, der dann mit der Idee zu uns kam und meinte, er könnte sich doch auf dem ganzen Gesicht silberfarbenes Make-up verpassen und sich dann so für das Cover ablichten lassen. Beim Shooting hat man ihm dann noch die Haare nass gemacht und im Nachhinein haben die Leute, die für das Cover verantwortlich waren, auch noch etwas mit Jonnes Augen angestellt. Wenn man sich das „Karma Killer“-Cover nämlich ganz genau ansieht, kann man unser Bandlogo im Inneren seiner Augen erkennen. Aber nur, wenn man sich das Cover aus kurzer Distanz ansieht, ist das Logo erkennbar. Wirft man einfach nur einen flüchtigen Blick darauf, bemerkt man diese kreative Spielerei überhaupt nicht.
Finnrock Corner: (Wir mussten dann gegenüber Antti einräumen, dass uns dieses Detail bisher ebenfalls vollkommen entgangen war.)
Finnrock Corner: Wie hast du die Zusammenarbeit im Studio mit Mikko Karmila empfunden?
Antti: Als sehr angenehm, und es war großartig, die Möglichkeit zu haben, mit ihm zusammen zu arbeiten. Wir wollten diesen härteren Sound auf dem Album haben, es sollte nicht einfach nur nach Rock’n’Roll klingen, und deshalb fiel unsere Wahl diesmal auf Mikko, der zuvor schon mit vielen anderen Metal-Bands Alben aufgenommen hat. Er besitzt ein besonderes Fingerspitzengefühl dafür, die Gitarren und das Schlagzeug ganz gezielt so einzusetzen, sodass es besonders rau klingt. Die Zusammenarbeit mit Mikko gestaltete sich deswegen auch als sehr angenehm, weil er ein ziemlich netter und umgänglicher Typ ist. Ich meine damit, er ist weder hektisch in seinem Wesen, noch hat er zu irgendeiner Zeit Nervosität in der Band verbreitet. Es herrschte während den gesamten Aufnahmen zu „Karma Killer“ eine überwiegend professionelle und zugleich angenehme Stimmung im Studio. Wenn der Produzent beispielsweise andauernd nur Nervosität ausstrahlt, dann überträgt sich das früher oder später auch auf die Band und das ist weniger produktiv. Denn Nervosität erzeugt Stress und mit Druck und Stress im Hintergrund erzeugt man selten ein gutes Album. Es war also, von der Perspektive aus, eine sehr angenehme Zusammenarbeit.
Finnrock Corner: Würdest du sagen, dass euch die Zusammenarbeit mit Karmila leichter gefallen ist, als im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger?
Antti: Das kann man so nicht sagen. Beim letzten Mal im Studio gab es lediglich etwas mehr Probleme und Missverständnisse beim Abmischen des Songmaterials. Solche Dinge eben, aber das hatte absolut nichts mit dem Produzenten zu tun. Aber bei Schwierigkeiten dieser Art kommt schnell mal Stress auf.
Finnrock Corner: Und ihr habt in der Zwischenzeit auch eure Plattenfirma gewechselt?
Antti: Ja, das ist richtig. Wir stehen nun bei einer anderen Plattenfirma unter Vertrag.
Finnrock Corner: Ihr hattet heute eure charmante und reizende Background-Sängerin Capri mit auf der Bühne. Kannst du uns etwas über die Frau erzählen, deren Stimme unter anderem auch auf eurem aktuellen Album „Karma Killer“, bei den Songs „Giving Up“ und „Gravity Of Love“, zu hören ist?
Antti: Zuerst einmal ist Capri eine ganz fantastische Sängerin. Sie stammt übrigens auch aus Tampere, so wie wir. Und Capri ist auch schon auf dem Album davor, auf „Anorectic“, in den Songs „Planet Of The Sun“ und „Song For The Broken Hearted“ zu hören. Als wir „Giving Up“ und „Gravity Of Love“ aufnahmen, dachten wir so bei uns, dass es doch ganz phantastisch wäre, wenn Capri wieder ihre Stimme für den Background zu diesen beiden Stücken einsingen könnte. Sie hat so eine kraftvolle und zugleich bezaubernde Stimme, und jeder von uns in der Band ist ein großer Fan von ihr. Also fragten wir erneut bei ihr an und sie meinte daraufhin, dass es ihr großes Vergnügen bereiten würde, das zu tun. Und so kam die Zusammenarbeit mit ihr erneut zustande.
Finnrock Corner: Und seid ihr allesamt in der Band mit dem Endprodukt „Karma Killer“ zufrieden?
Antti: Ja, klar sind wir das!
Finnrock Corner: Seit dem Frühjahr 2008 habt ihr einen Neuzugang in der Band: Gary. Was kannst du uns zu ihm sagen?
Antti: Gary ist eigentlich so gesehen gar kein offizielles Bandmitglied. Er spielt Gitarre, wenn wir live auftreten. Wir alle haben das so entschieden. Er ist auch beispielsweise nicht an den Aufnahmen zum Album beteiligt gewesen. Aber wir wollten einfach nicht, dass sich am Live-Sound von Negative etwas ändert. Es hört sich live nun einmal besser an, wenn zwei Gitarren die ganzen Parts spielen, als nur eine.
Finnrock Corner: Und wer hat im Einzelnen die Gitarren-Parts auf dem Album gespielt?
Antti: Nur Larry. Diesmal musste er alle Gitarren-Parts übernehmen und einspielen. Er hat wirklich alles gegeben und seine Sache wirklich gut gemacht. Aber nach und nach merkten wir dann erst, wie schwierig es sein würde, wenn auf der Bühne der ganze Sound nur noch von einer einzigen Gitarre kommen soll. Also haben wir uns dazu entschlossen, beim „Zwei-Gitarren-Konzept“ auf der Bühne zu bleiben. Immerhin haben wir zuvor ganze drei Alben nach diesem Konzept eingespielt und das wollten wir nicht auf Kosten unserer Live-Qualitäten ändern. Nur eins hat sich in der Band wohl verändert, schätze ich. Die Chemie untereinander funktioniert besser denn je. In einer Band ist es eben nicht viel anders, als in einer Beziehung oder Ehe. Da muss man auch erst herausfinden, ob man harmoniert oder nicht. Und von daher kann ich sagen, dass die jetzige Situation rund um Negative außerordentlich zufrieden stellend ist.
Finnrock Corner: Ist deine Leidenschaft, Musik zu machen, die Gleiche geblieben über die Jahre?
Antti: Ja, sie hat sogar noch zugenommen.
(Plötzlich ereilte uns noch einmal dasselbe Schicksal, wie schon einmal zuvor. Wir waren gezwungen, das Interview abermals zu unterbrechen, um uns nach einem etwas ruhigeren Ort umzusehen. Aber so ist das nun einmal auf einmal Festival. Da wird auf der Bühne losgerockt und dann versteht man das eigene Wort nicht mehr. Antti schlug uns daraufhin vor, unser Interview im Tourbus von Negative fortzusetzen. Also ging es bei schätzungsweise gut 30 Grad Innentemperatur weiter im Text.)
Finnrock Corner: Jetzt lass uns etwas über das Extra-Feature „Around The World“ auf der DVD „In The Eye Of The Hurricane“ sprechen. Es gibt da eine Situation, wo du gerade friedlich schläfst und dir jemand gemeinerweise Zahncreme ins Gesicht geschmiert hat. Kannst du uns etwas darüber erzählen?
Antti: Was geschah in Russland? (Antti muss kurz überlegen) Du meinst die Sache da, wo ich tief und fest schlafe? Da haben sich die Jungs einen Scherz auf meine Kosten gemacht. Ich kann nicht wirklich behaupten, dass mir noch etwas von diesem Abend im Gedächtnis geblieben ist. Aber ich nehme an, es war Jonne, Larry oder sonst jemand.
Finnrock Corner: Ich würde sagen, du bist eine Person, die ziemlich viel Spaß versteht. In welchen Situationen verlierst du schon gerne einmal deine gute Laune und wirst ärgerlich?
Antti: Was mich ärgert? Wenn ich sehe, wie jemand zu seinen Mitmenschen unfair ist und ich das aus nächster Nähe mitbekomme. Das macht mich ärgerlich. Aber auch unreife, vollkommen außer Kontrolle geratene junge Leute, die wie wild um sich schlagen und mit alles und jedem Streit anfangen müssen, einfach aus Langeweile und Spaß. Und überwiegend wissen diese Leute dann nicht einmal mehr, warum sie dieses und jenes überhaupt gemacht haben. Das sind so alles Dinge, die mich wirklich sehr ärgerlich machen.
Finnrock Corner: Du bist mit Negative relativ viel unterwegs. Hast du jemals eine schlechte Erfahrung, beispielsweise in einem Flugzeug oder so, gemacht?
Antti: Eine schlechte Erfahrung? Und ob! Als Kind hat mir das Fliegen eigentlich noch keinerlei Probleme oder gar Angst bereitet. Mit sechs oder sieben Jahren bin ich zum allerersten Mal geflogen. Da war alles noch ganz einfach. Ich war beispielsweise mit meinen Eltern auf Urlaub in Afrika und so. Aber als wir das erste Mal alle zusammen mit der Band in der Maschine nach Japan saßen, musste mir Jay ausgerechnet von seiner Flugangst erzählen. Das war dann das erste Mal, dass ich mir ebenfalls ernsthafte Gedanken darüber machte, über die ganze Situation und die Möglichkeit, dass so ein „Schiff“ durchaus auch abstürzen kann. Danach hatte ich auf einmal auch Angst davor. Und jedes Mal, wenn wir in einem Flugzeug nebeneinander sitzen, reichen wir unter uns Jungs die Hände und sagen, wie schön es doch war, dass wir einander kennen lernen durften. So in etwa darf man sich das vorstellen.
Finnrock Corner: Welche Bedeutung haben deine Tattoos für dich?
Antti: Jedes meiner Tattoos, das ich mir habe machen lassen, hat seine eigene Bedeutung. Das würde einen ganzen Tag lang dauern, wenn ich da erst einmal ins Erzählen komme. Denn wirklich jedes Motiv hat seine ganz eigene Geschichte. Aber wenn ihr wollt und ihr genug Zeit habt, erzähle ich euch gerne etwas darüber.
Finnrock Corner: (Wir versichern Antti daraufhin, dass wir uns gerne die Zeit nehmen, mehr über das eine oder andere Motiv auf seinem Körper zu erfahren. Wir entschieden uns dann schließlich für den Fliegenpilz auf Anttis rechtem Unterschenkel. Uns war das Motiv nämlich erstmals beim Helldone 2005 aufgefallen.)
Antti: Das habe ich mir vor Jahren machen lassen. Ich befand mich da gerade in einer sehr experimentierfreudigen Phase meines Lebens und bin mit guten Freunden von mir, d.h. Teemu und Jussi von Uniklubi und Paavo von Bloodpit, für einen Kurzaufenthalt nach Amsterdam gefahren. Da habe ich wohl meinem Namen alle „Ehre“ gemacht und so dieses und jenes ausprobiert. Das Tattoo ist sozusagen als Erinnerung an diese Zeit zu verstehen, es ist nämlich insgesamt ein sehr großartiges und ereignisreiches Jahr für mich gewesen. Aber auch ein sehr hartes und anstrengendes.
Finnrock Corner: Mit welcher Band würdest du gerne auf Tour gehen?
Antti: Mit welcher Band? Momentan wären das die Jungs von Hardcore Superstar. Wir haben schon zusammen mit ihnen in Japan gespielt und es sind allesamt coole wie auch nette Kerle. Gestern traf ich die Jungs übrigens beim Provinssirock wieder und wir haben zusammen einen getrunken und Spaß gehabt. Es war nur schade, dass ich mir ihren Auftritt beim Provinssirock nicht ansehen konnte, weil ich selber auf die Bühne musste, um zu spielen. Aber das könnte ich mir gut vorstellen, mit denen auf Tour zu gehen.
Finnrock Corner: Die Konkurrenz zwischen den Bands in Finnland wird immer härter. Ist das für dich eigentlich von Interesse oder hältst du eher Abstand von dem, was so um dich herum passiert?
Antti: Darüber denke ich ehrlich gesagt überhaupt nicht nach. Es interessiert mich auch gar nicht.
Finnrock Corner: Hast du eigentlich den Auftritt von Teräsbetoni zuhause am Bildschirm verfolgt, als sie beim Eurovision Song Contest aufgetreten sind?
Antti: Nein, ich habe ihren Auftritt nicht gesehen. Da war ich draußen und habe eine Zigarette geraucht.
Finnrock Corner: Könntest du dir vorstellen mit Negative jemals beim Eurovision Song Contest teilzunehmen?
Antti: Man kann nie so genau sagen, was noch so alles auf uns zukommt, aber ich denke, das ist mehr als unwahrscheinlich. Immerhin ist unsere Musik, die wir machen, nicht annähernd damit zu vergleichen. Vorrangig ist der Eurovision Song Contest so etwas wie ein Beliebtheitswettbewerb um kommerzielle Plattenverkäufe und dergleichen. Aber es liegt alleine in den Augen des Betrachters, welche Band er nun lieber mag und welche nicht. Mich persönlich lässt der ganze Zirkus rund um den Eurovision Song Contest eigentlich ziemlich kalt.
Finnrock Corner: Welche Ziele hast du dir eigentlich in deinem Leben und in deiner Zukunft so gesetzt?
Antti: Früher gab es viele Leute, die mir immer wieder gesagt haben, dass sich mein Traum vom Musik machen niemals erfüllen würde. Aber wie man sieht, können Träume doch wahr werden! Und ich persönlich halte ein erfülltes Leben als erstrebenswerter, als ein überlanges Leben. Ein Leben, das ich wirklich genießen kann, Freunde um mich zu haben und dabei glücklich zu sein, das ist für mich ganz wichtig. Ich möchte einfach mit dem Gewissen, ein glückliches Leben geführt zu haben, abtreten und nicht mit dem Gefühl, etwas verpasst zu haben.
Finnrock Corner: (Während unseres Interviews mit Antti ist mir zum ersten Mal eine Narbe auf seinem Kinn aufgefallen, aber auch nur weil die Stelle frisch rasiert war. Also fragten wir ihn, was es damit auf sich hat. Und siehe da, Antti wartet mit einer Geschichte aus seiner Kindheit auf.)
Antti: Mein Vater hat mir die Geschichte ständig erzählt, als ich noch klein war. Vor allem, wenn ich wieder einmal im Begriff war, etwas Neues zu lernen. Und ich war schon immer der Typ, der 180 Prozent gibt, selbst wenn nur hundert erforderlich sind. Was es mit der Narbe auf sich hat? Das geschah, als ich mit dem Radfahren anfing. Da war ich etwa vier Jahre alt und wollte das ganz alleine ohne fremde Hilfe hinkriegen, wie man eben in dem Alter so drauf ist und es nicht akzeptieren kann, dass es doch nicht so ganz ohne geht. Und als mir klar wurde, dass es doch nicht so eine gute Idee war, war es auch schon zu spät. Ich fuhr sehr sehr schnell die Straße runter und ohne darauf gefasst zu sein, endete diese auf einmal. Ich krachte ungebremst mit dem Fahrrad direkt gegen einen Baum und ich habe mich dann an einem Ast ziemlich schlimm verletzt.
Finnrock Corner: Und was passierte dann?
Antti: Na ja, ich war gerade vier Jahre alt und habe wie am Spieß gebrüllt, als das passierte. Meine Eltern brachten mich sicherheitshalber ins Krankenhaus und die haben mich dort dann wieder zusammengenäht. Das war nämlich eine ganz schön tiefe Wunde.
Mit dieser Frage endete unser umfangreiches Interview mit Antti Aatamila, und
jetzt wissen wir auch, was ein hübscher Bart so alles verbergen kann. Wir
möchten uns an dieser Stelle noch einmal recht herzlich bei Antti für
dieses offene Interview bedanken! Weiterer Dank geht an Tommi Liimatainen, die
Plattenfirma von Negative und Minna Rinne, die für das Zustandekommen des
Interviews verantwortlich waren.