INTERVIEW MIT LOVEX
18.10.2008 Flex, Wien


Es geschieht sicherlich nicht allzu oft, dass man gleich die gesamte Band zum Interview bitten darf. Zum aktuellen Stand der Dinge möchte ich nur so viel verlauten lassen, dass die Jungs zum Zeitpunkt des Interviews bereits den Großteil aller Konzerte (alle bis auf das letzte) ihrer zweiten Headliner-Tour hinter sich gebracht hatten und sich uns dementsprechend ruhig, humorvoll und entspannt präsentierten. Vielmehr war der eine oder andere noch damit beschäftigt, sich Notizen auf dem Notebook zu machen, als wir Platz nahmen. So eine gemütliche „Wohnzimmeratmosphäre“ hätten wir nun wirklich nicht erwartet. Und eines darf ich schon vorab verraten: Es wurde das eine oder andere Mal herzlich gelacht...

Finnrock Corner: Das ist bereits eure zweite Headliner-Tour außerhalb von Finnland. Hat sich etwas verändert im Hinblick auf die Tour vom letzten Jahr?

Theon: Glücklicherweise hat sich für uns die Möglichkeit ergeben, erneut außerhalb von Finnland zu touren. Die erste Tour führte uns bereits durch einige deutsche Städte. Und gibt es Unterschiede zur Tour im letzten Jahr? (Theon überlegt kurz) Sicher gibt es die. Unter anderem haben wir uns natürlich auch als Band weiterentwickelt. Unser zweites Album wurde veröffentlicht und deswegen waren wir in der Lage, diesmal aus mehr Songmaterial unsere Shows zusammenstellen zu können. Diesmal waren die Tour-Vorbereitungen auch viel umfassender und wir spielen diesmal besser und auch länger.

Finnrock Corner: Und wie war die Tour im Allgemeinen bisher aus eurer Perspektive?

Theon: Sie hat uns wirklich großen Spaß gemacht. Wir sind von Ort zu Ort gereist und haben viele Konzerte an einem Stück gespielt. Die Tour war soweit großartig.

Finnrock Corner: Ich bin mir sicher, dass es euch aufgefallen ist, dass eure Fans im deutschsprachigen Raum deutlich älter sind, als euer Zielpublikum in Finnland. Stellt das für euch eine größere Herausforderung dar?

Theon: Schwer zu sagen. Mir ist aufgefallen, dass das Publikum hierzulande entspannter ist, als bei uns in Finnland. Die Leute legen hier mehr Wert darauf, Spaß zu haben. In Finnland müssen sich die Leute vorher immer erst betrinken, um sich entspannen und amüsieren zu können.

Finnrock Corner: Habt ihr euch für diese letzte Show heute etwas Besonderes einfallen lassen? Immerhin ist das euer letztes Konzert der Tour, bevor es für euch wieder zurück nach Finnland geht.

Theon: Natürlich werden wir heute Abend noch einmal alles geben. Und an morgen denken wir dabei überhaupt nicht. Wir werden einfach abwarten und sehen, was weiter geschieht.

Finnrock Corner: Wer schreibt von euch die meisten Songs?

Theon schaut zu Julian hinüber und lächelt: Julian, würdest du bitte mal die Hand heben! Nein, kleiner Scherz. Ich kann in dem Fall keinen speziellen oder nur einen Namen nennen, weil wir alle Songs schreiben. Bei uns bringt sich jeder in die Band mit ein, wir funktionieren in der Hinsicht als Team.

Finnrock Corner: Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit für das Album „Divine Insanity“ mit den Inkfish Studios in Helsinki habt ihr euch bei „Pretend Or Surrender“ erneut für die Zusammenarbeit mit ihnen entschieden. Warum?

Theon: Vorrangig aus dem Grund, weil es eines der besten Studios in ganz Finnland ist. Und die Zusammenarbeit mit allen Leuten von dort gestaltet sich sehr professionell. Also von daher ist uns die Entscheidung sehr leicht gefallen.

Finnrock Corner: Könnt ihr schon in etwa sagen, wann ihr ins Studio gehen werdet, um euer drittes Album aufzunehmen?

Theon: Wir werden, sobald wir wieder zurück in Finnland sind, anfangen neue Songs zu schreiben. Und wenn alles gut läuft, werden wir im Frühjahr 2009 unser drittes Album aufnehmen.

Finnrock Corner: Seid ihr immer noch aufgeregt, bevor ihr auf die Bühne müsst?

Vivian: Ja, sicher.
Theon: Selbstverständlich sind wir das. Schließlich läuft jedes Konzert etwas anders ab, unterschiedliche Locations, vor anderem Publikum und so...

Finnrock Corner: Gibt es bei euch in der Band so eine Art von Ritual, bevor ihr auf die Bühne geht?

Theon: Ein Ritual? (Theon muss einen Moment überlegen) Nein, so etwas haben wir nicht. Wir machen uns einfach fertig für die Show. Ich meine, wir stylen uns und machen uns etwas zurecht und dann geht es ab auf die Bühne.

Finnrock Corner: Seid ihr besonders aufgeregt, wenn ihr vorher schon wisst, dass ihr gleich eine Show spielen werdet, die auch noch live übertragen wird? Zum Beispiel vor der Live-Übertragung via Internet aus Hamburg?

Theon: Ja, ziemlich. Also wenn eine Live-Aufzeichnung bei uns ansteht, dann geht es vorher immer etwas hektisch zu, weil das alles meist ziemlich kurzfristig zustande kommt, wie das beispielsweise auch in Hamburg der Fall war. Und die Kameras überall tragen auch nicht gerade zur allgemeinen Beruhigung bei. Darüber hinaus wussten wir schon im Voraus, dass der Sound nicht der allerbeste sein würde, also baut sich da gleich noch etwas mehr Druck auf als normal. Bei einer Live-Aufzeichnung ist das Hauptaugenmerk nun einmal die gesangliche Darbietung. Und live zu singen und dabei immer den richtigen Ton zu erwischen, darin besteht die Kunst.

Finnrock Corner: Was war die größte Show oder das größte Festival auf dem ihr bis jetzt gespielt habt?

Theon: Die größte Show? Ich würde sagen vor gut 70.000 Leuten...
Vivian: Ich würde sagen, es waren etwas weniger.
Theon: Das war bei „Sound Of Energy“ und ich würde sagen, wir einigen uns darauf, dass wir vor gut 20.000 Leuten aufgetreten sind.
Vivian: Wir spielten dort an einem Sonntag gut zwanzig Minuten lang. Es war nicht gerade das, was man einen herausragenden Gig nennt, aber das war wohl die größte Menschenansammlung vor der wir je gespielt haben.

Finnrock Corner: Letztes Jahr habt ihr am Vorentscheid zum Eurovision Song Contest teilgenommen. Würdet ihr noch einmal an so einem Mega-Event teilnehmen wollen?

Theon schüttelt den Kopf: Nicht noch einmal.
Vivian bekräftigt ebenfalls: Nein.

Finnrock Corner: Weil es mit zu viel Stress für euch verbunden war?

Theon: Es war schon eine einzigartige Erfahrung für uns, aber dabei soll es auch bleiben. Die Aufmerksamkeit rund um unsere Band war schon enorm. Aber wir möchten einfach keine Eurovision-Band sein. Das entspricht nicht dem, was wir sind.

Finnrock Corner: Habt ihr in absehbarer Zeit eine DVD-Veröffentlichung geplant?

Theon: An einem bestimmten Punkt unserer Karriere werden wir sicherlich einmal eine DVD veröffentlichen. Aber zurzeit verfügen wir einfach noch nicht über genügend Material, um eine DVD zusammenstellen zu können. So etwas dauert nämlich Jahre.

Finnrock Corner: Ist euch schon jemals auf der Bühne etwas Peinliches passiert?

Theon: Mal nachdenken... Es war bei einer Live-Show im Fernsehen, da fiel Sammy versehentlich hin und landete ganz unglücklich auf seinem Rücken. Oder dass ich zum Beispiel meine Fliege offen oder verkehrt herum trage. Es handelt sich dabei aber überwiegend um Kleinigkeiten, nichts wirklich Aufregendes...

Finnrock Corner: Ihr unternehmt Anstrengungen, um Videos zu machen, die entweder bildgewaltig sind oder eine Botschaft vermitteln sollen. Wie wichtig ist das für euch in Hinsicht darauf, dass viele andere Bands einfach nur Videos produzieren, um ihre Plattenfirma zufrieden zu stellen?

Vivian: Es wäre einfach nur langweilig, wenn wir das ebenso handhaben würden mit unseren Videos. Und es macht einfach mehr Spaß, wenn man sich aktiv beteiligt.

Finnrock Corner: Wie seid ihr darauf gekommen, ausgerechnet „Larger Than Life“ von den Backstreet Boys zu covern?

Theon: Erst einmal weil es ein sehr eingängiger Song ist, der gute Laune verbreitet. Und wir wollten diesen Song covern, weil es kein typischer Rock-Song ist.

Finnrock Corner: Worauf kann ein guter Song eurer Meinung nach auf keinen Fall verzichten?

Vivian: Starke und intensive Gefühle.
Theon beschreibt und umschreibt seine Ansicht von einem guten Song: Die Sängerin Aimee Mann hat einen Song geschrieben, der „Wise Up“ heißt. In dem Song geht es um eine Kehrtwendung im Leben, wo man einfach nicht mehr weiter weiß, wo man dann einfach gezwungen ist, darüber nachzudenken, wer man eigentlich ist und was man im Leben noch so alles erreichen möchte. Ein guter Song braucht eine gewisse Thematik.

Finnrock Corner: Welche Bands beeinflussen eure Musik zurzeit?

Theon: Das ist schwer zu sagen, weil wir alle ganz unterschiedliche Bands hören. Vermutlich gibt es da hunderte Bands, die infrage kommen. Aber ich persönlich höre ganz gerne Rage Against The Machine und Killswitch Engage.

Finnrock Corner: (Wir haben versucht, mit Lovex ganz kurz eine Problematik anzusprechen, die seit Ende 2006 viele Fans finnischer Rockbands beschäftigt. Nämlich die, dass einige Bands nicht mehr im gewohnten Line-Up weiter miteinander Musik machen, z.B. Bloodpit, Negative, etc.) Was tut ihr, um die Verbindung innerhalb der Band zu stärken?

(Zuerst einmal brach schallendes Gelächter aus, bevor wir eine Antwort serviert bekamen)
Theon: Wir trinken alles weg, was sich Backstage in unserem Kühlschrank befindet.
Lovex sind sich wieder einmal einig: Und noch mehr, wenn das nicht ausreichen sollte.

Finnrock Corner: (Wir haken etwas ungläubig nach) Das ist alles?

Theon: Das ist alles, wonach es finnischen Männern wirklich verlangt.

Finnrock Corner: Lovex werden zu den Bands mit romantischer Ader gezählt. Was war so das Romantischste, was einer von euch jemals getan hat, um ein(e) Frau (Mädchen) zu beeindrucken?

Vivian: Ich habe jemandem eine Flasche Champagner spendiert.

Finnrock Corner: Seht ihr es als einen Nachteil an, dass es noch so viele andere talentierte Bands in Tampere gibt?

Theon lässt bei seiner Antwort zuerst wieder einmal seinem Humor völlig freien Lauf: Ich bin mir sicher, dass die anderen Bands nur annähernd so talentiert sind wie wir. Nein, quatsch! Tampere ist aus meiner Sicht gesehen, das Zentrum des Rock’n’Roll in Finnland schlechthin und es gibt dort so viele gute Bands. Und ich finde, das macht es uns zwar schwerer, aber es motiviert uns andererseits auch besser und besser zu werden.

Finnrock Corner: (Wir bemerken gegenüber Lovex, dass wir vom angenehmen Klima in und um die Band angenehm überrascht sind, sprich keine Kettenraucherallüren, keine herumliegenden Bierdosen und es gehört für die Band auch keinesfalls zum guten Ton, betrunken eine Bühne zu betreten. Die Band erläutert uns die Gründe dafür wie folgt.)

Theon: Wir (be)trinken (uns) ausschließlich nach getaner Arbeit. Wir sind darum bemüht, uns vor unseren Shows nur darauf zu konzentrieren, einen tollen Auftritt hinzulegen.

Finnrock Corner: Vor einigen Monaten haben Theon und Julian für das finnische Magazin „Suosikki“ gemodelt. Wäre das eine Art von Job, die ihr euch neben euren Bandaktivitäten gut vorstellen könntet?

Theon: Eher nicht. Es war eine Gelegenheit, die sich uns geboten hat, so etwas auch einmal auszuprobieren und wir haben diese wahrgenommen. Wir bekamen auch einige Anziehsachen geschenkt. Aber ich denke nicht, dass ich unbedingt dafür geschaffen bin, um ein Model zu sein. Es wäre für mich auch undenkbar, dass ich mich vor der Kamera vollkommen ausziehe oder dergleichen. (Die ganze Band bricht nach der letzten Bemerkung von Theon in lautstarkes Gelächter aus)

Finnrock Corner: Was war so der seltsamste Job, den ihr je angenommen habt?

Sammy Black: Ich habe einmal auf einem Friedhof gearbeitet. (Die Band schneidet an der Stelle fürchterliche Grimassen, um die eben gemachte Aussage bestmöglich zu unterstreichen)

Finnrock Corner: Wie war das so für euch, als ihr als Musiker plötzlich immer mehr Aufmerksamkeit bekommen habt?

Theon: Es war einerseits eine sehr aufregende Sache, die um uns herum passierte, und andererseits auch etwas erschreckend. Aber es ist auch das, was wir uns für uns immer gewünscht und erträumt haben. Und inzwischen haben wir die Situation voll im Griff... (Unsere letzte Frage ging mehr und mehr im Lärm vom draußen gerade beginnenden Konzert von White Flame unter)


Nach dieser Frage beendeten wir unser Interview mit Lovex, weil es mit dem tosenden und ohrenbetäubenden Lärm im Hintergrund keinen Sinn mehr gemacht hätte, weiter zu bohren. Die Band entschuldigte sich dafür, aber wir waren froh darüber, dass wir annähernd alle Fragen stellen konnten, die uns schon immer besonders interessiert hatten. Danach machten wir noch das eine oder andere Foto, und mit der Vorfreude auf das anstehende Konzert der Jungs mischten wir uns unters Volk und lauschten in aller Ruhe der Vorband White Flame.

Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bei Lovex für dieses amüsante Interview bedanken! Weiterer Dank geht an Markko Tetri und die Plattenfirmen EMI Finland & Gun Records, die für das Zustandekommen des Interviews verantwortlich waren!


© Rikka Just & Maria Gross for Finnrock Corner Creative Photography 2008
Weitere Bearbeitung: Rikka Just



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